Die Wiener Neustädter Stadtverwaltung mit Bürgermeister Franz Kammann zeigte sich gegenüber neuen Technologien sehr aufgeschlossen: So wurde 1909 das erste Flugfeld zur Förderung des mechanischen Flugwesens mit einer gemeindeeigenen Halle errichtet. Auch die k.u.k. Heeresverwaltung war an Wiener Neustadt interessiert und regte in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsbehörde den Bau zahlreicher Kasernen an. Diese Konzentration an technologischer und militärischer Kompetenz brachte einerseits Flugpioniere wie Igo Etrich und Karl Illner, des Weiteren technische Genies wie Ferdinand Porsche hervor – der u.a. auch den ersten flugfähigen Hubschrauber der Welt in Wiener Neustadt konstruierte, führte aber Jahrzehnte später zur weitgehenden Zerstörung der Stadt.
Nach dem 1. Weltkrieg änderten sich die Rahmenbedingungen für die „Allzeit Getreue“ fundamental. Durch die Niederlage der verbündeten Staaten Österreich-Ungarn, des Deutschen Kaiserreiches, des Osmanischen Reiches und Bulgariens veränderte sich die Weltkarte: Die ehemalige Großmacht Österreich-Ungarn mit 50 Millionen Einwohnern war zu einem Kleinstaat mit 6 Millionen Einwohnern mutiert. Viele Industriebetriebe – so auch in Wiener Neustadt – waren aber auf den bisherigen großen Markt ausgelegt, der zum Großteil nun außerhalb der eigenen Grenze lag. Dieser Umstand, aber auch die breite Gewissheit, dass ein solch kleiner Staat nicht überlebensfähig sei, führten gepaart mit der Ende der 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts einsetzenden globalen Rezession, zu großer Armut in weiten Bevölkerungsteilen, aber auch zur Radikalisierung der Bevölkerung. In den Februarkämpfen 1934 traten die Spannungen zwischen den großen Lagern des Bürgertums und der Arbeiterschaft offen zu Tage. Neben den innenpolitischen Problemen kamen in der Folge auch außenpolitische hinzu: Italiens Diktator Benito Mussolini opferte ab 1936 zusehends seine Schutzmachtposition für Österreich für die Annäherung zu Hitler – damit war Österreichs Schicksal besiegelt.
Im März 1938 verkündete Adolf Hitler den „Anschluss“ und Österreich ging als „Ostmark“ im Deutschen Reich auf. Die nach den Bestimmungen des Friedensvertrages von St. Germain durchgeführte Demobilisierung Österreichs wurde durch eine massive Remilitarisierung beendet. Wiener Neustadt war hier besonders betroffen: Durch die Lage weit im Südosten des Reiches war die Stadt außerhalb der Reichweite französischer und britischer Bomber, die im Kriegsfalle eine Gefahr für Industrieanlagen darstellen würden. Des Weiteren war das Arbeitskräftepotential groß, weswegen es wie bereits im ersten Weltkrieg zu einer Konzentration kriegswichtiger Betriebe in der „Allzeit Getreuen“ kam. Die Produktionsziffern stellten diesen Umstand deutlich dar: 1940 stammte ein Viertel des Standard-Jagdflugzeuges Messerschmitt Bf 109 aus den WNF (Wiener Neustädter Flugzeugwerken); aber auch Bomber Junkers Ju 88 und Raketen der Type A4 (Aggregat 4 – besser bekannt unter dem Namen V2) wurden hier erzeugt. Schließlich befanden sich auch das größte Tenderwerk für Dampflokomotiven und die Infanterieschule II (in der Militärakademie untergebracht) in Wiener Neustadt.
All dies führte dazu, dass alliierte Bomber Wiener Neustadt am 13. August 1943 als erstes Ziel in der Ostmark angriffen, nachdem dies durch die Eroberung von Flugplätzen in Süditalien möglich geworden war. Am Ende des Krieges waren dann 52.000 Bomben auf die 45.000 Einwohner zählende Stadt gefallen, die 1.000 Menschen töteten und nur 18 von 4.178 Häusern unversehrt ließen. Als am 2. April 1945 die Rote Armee die Stadt eroberte, lebten nur noch 800 Menschen in den Trümmern. Trotz der Zerstörungen erteilten die langsam zurückkehrenden Menschen dem Plan, Wiener Neustadt an anderer Stelle in der Nähe der Fischauer Vorberge neu zu errichten, eine Absage. Mit Stadtsenatsbeschluß vom 13. Februar 1946 wurde zum freiwilligen Arbeitseinsatz aufgerufen, dem die Wiener Neustädter und (wegen der zahlreichen Kriegsgefangenen noch mehr) die Wiener Neustädterinnen nachkamen: bis zum September desselben Jahres waren in 200.000 Arbeitsstunden 30 Millionen Tonnen Schutt beseitigt worden – und dies Großteils händisch!
Nicht nur die Stadt war neu geboren worden, auch 105.000 freigelassene Kriegsheimkehrer erblickten zwischen 28. Mai 1945 und 25. Juli 1955 in Wiener Neustadt das Licht Österreichs. Am 20. August 1955 verabschiedeten sich die in Wiener Neustadt stationierten Truppenteile aus der zum Großteil wieder aufgebauten Stadt mit einem Konzert am Hauptplatz, ehe die gesamte Besatzungszone bis 19. September vollständig geräumt worden war.